Findenegghütte und Frau Pertosi
Die berühmte Wirtschafterin der Findenegghütte
Die Findenegghütte am Wischberg wurde 1902 durch die Sektion Villach des Deutschen und Österreichischen Alpenvereines erbaut und am 3. August 1902 feierlich eröffnet.
Sie folgte der 1880 erbauten alten Wischberghütte unter der Traufwand, die wegen Feuchtigkeitsschäden aufgelassen werden mußte.
Im Hüttenbuch von 1902 sind angeführt:
Erdgeschoß: Gaststubn mit Herd, 1 Zimmer mit 6 Betten.
Im 1. Stock: 1 Zimmer, Kammer, Führerlager.
Anzahl der Betten und sonstigen Schlafstellen:
3 Zimmer mit 8 Betten
Anzahl der jährlichen Besucher:
1902: 89; 1903: 202; 1904: 196; 1905: 230; 1906: 218; 1907: 260
Bewirtschaftet vom 15.7. - 30.9.
"Die gute Frau Pertosi, die Wirtschafterin der Findenegghütte, hieß uns willkommen. Das war so der richtige Typus der dreisprachigen Küstenländerin, der damals in den Westlichen Juliern heimisch war. Und sie war die echte, geborene Bergmarketenderin der Wischberg-Hochtouristen. Es gab Würstel mit Kraut, für jeden von uns einen gewaltigen Pfannkuchen, Bier, Wein, schwarzen Kaffee. Oitzinger ließ seinem Humor die Zügel schießen. Über Osvaldos ernstes Antlitz, das nicht lachen konnte, flog ein leichter Schimmer: das Lächeln der Louf, der Pesamosca aus der Raccolana. Hüttenzauber!"
Julius Kugy, Gipfelzauber im Juli 1912, dem Tag des ersten Zusammentreffens mit den jungen Geschwistern Herma und Erwin Poech; Aus vergangener Zeit, 1943
"Ich will mit meinen Oitzinger-Erinnerungen von der Wischberggruppe nicht scheiden, ohne der lieben, alten Findenegghütte, der heutigen Capanna Corsi, zu gedenken, in der so manche unserer Bergfahrten einen fröhlichen Ausklang gefunden hat. Wie wunderschön schon ihre Lage. Ein großer Blick hinüber aud die ernsten Giebel der östlichen Kaningrate.
Dort waltete als Wirtschafterin die berühmte Frau Pertosi, der aufrechte Typus der damaligen resoluten, dreisprachigen Küstenländerin. Zu je einem Drittel deutsch, italienisch und slowenisch, so war es zu Vorkriegszeiten in jenen Bergen. Ich habe von Oitzingers reizendem, zarten Verhältnis - dieses Wort ist ja in vollsten Ehren auszulegen - zu ihr schon gesprochen...Mochten wir von West, von Nord, von Ost auf die Spitzen gekommen sein, stets setzte er sich so, daß er die Hütte fest im Auge behielt. Er stimmte seine Kehle, lehnte sich zurück und jodelte und sang, wobei ihn das Gefühl so übermannte, daß er die Augen schließen mußte. Dann wandte er sich treuherzig zu mir: "Is schon heraußen, die Frau Wirtschafterin. Nit zum glauben, wie die jodelt. Und kochen kann´s und gut´s Bier hat´s, a brave Frau!" Ich schwieg und wollte mich vom Blick in die Ferne nicht trennen. Immer sehnsuchtsvoller drang der Wechselgesang hinunter und herauf, daß die Wände hallten. Mein Gott, was hatte er für schöne Gesänge in seinem reichen Liederschatze. Das war ein Konzert! Die Kehle des Sängers wurde trocken und heißer. Endlich faßte er sich deutlich: "Wie war´s Herr Doktor, geh´n mer nit auf a Bier?" Und fast immer hatte er seinen Willen. Man hat ja nicht ein Herz aus Stein!
Und erst der Abend in der Hütte! Da sitzen wir, zufrieden mit dem Tag, mit uns, mit aller Welt, und harren in inniger
Vorfreude, mit glänzenden Augen, der herrlichen Dinge, die nun kommen sollen. Bier ist gleich bei unserer Ankunft gekommen, nun erscheinen Würstel mit Kraut,
ausgezeichneter Wein dazu. Und nach einer wirkungsvollen Kunstpause für jeden von uns ein ungeheurer, dampfender Pfannkuchen, der Frau Pertosi nie genug
gepriesenes Meisterstück. Käse, Butter und Brot natürlich, schwarzer Kaffee zum Beschluß, unseren Schlaf wird er nicht stören. Oitzinger erzählt die
lustigsten Geschichen aus seinem Leben..."
Julius Kugy, Anton Oitzinger - Ein Bergführerleben, 1928
Die alte Wischberghütte unter der Traufwand (1880-1902):
Bericht zur Eröffnung der Wischberg-Hütte im Jahr 1880:
"Wischberg-Hütte. Die Eröffnung dieser durch die Section Villach neu erbauten Hütte fand am 1. August programmgemäss statt, obschon die Witterungsverhältnisse die denkbar schlechtesten waren…
Die Hütte liegt 1807 m (An.) ü. M. und 856m unter der Spitze des Wischbergs, daher 992 m über Raibl. Sie ist ganz aus behauenen Lärchenstämmen erbaut und innen mit Fichtenholz ausgetäfelt, geräumig, ungemein wohnlich und warm, was von Schutzhütten aus Mauerwerk nicht immer gesagt werden kann. Auf zwei fixen und einer zerlegbaren Doppelschlafstelle finden sechs Personen reichlichen Schlafraum, zwei Reserve-Stroh-Säcke können im Bedarfsfall noch am Boden ausgebreitet werden. Auf dem geräumigen Dachboden findet sich das Heulager für die Führer. Für Wärme und Kochfeuer sorgt ein gusseiserner Herd, genügendes Wasch-Tafel- und Kochgeschirr birgt der Schrank….Die Festtheilnehmer hatten Gelegenheit, Abends und die Nacht hindurch die Vorzüge der Hütte und ihrer Einrichtung schätzen zu lernen. Draussen brauste der Südsturm, Regen und Hagelschauer wechselten ab, dem jüngsten Mitglied der Section kaum Zeit lassend, seine mitgebrachten bengalischen Flammen abzubrennen, was schliesslich doch mit grosser Wirkung gelang. …Nun fand nach kürzer Ansprache des Obmann-Stellvertreters die Einzeichnung der Festtheilnehmer in das Gedenkbuch, die Verlesung der Glückwunschschreiben Wischberghütte. und Telegramme und schliesslich die Taufe der Hütte mit Wein vom Rhein statt."
Schon 1886 treten bei der Wischberghütte Schäden auf:
"Bei diesem Gebäude sind wieder Gebrechen zu Tage getreten. Das bei jedem Wetter von der Felswand auf das Hüttendach tropfende Wasser, zuweilen Steine und stürzende Eiszapfen haben nicht nur Dachbretter mürbe gemacht, sondern auch die Fundamente der Hütte, bestehend aus Bruchmauerwerk, gelockert und die Vormauer ganz zum Abstürze gebracht. Diese Schäden zu bessern, wird eine Summe von 50 fl. nothwendig sein."
1889
Die Wischberghütte betraten 21 Personen gegenüber 12 im Jahre 1888. Die Hütte war im Herbste 1888 abermals erbrochen und sämmtlicher Decken und Kochgeschirre beraubt worden. Die Thäter konnten nicht ausgeforscht werden. Mit dem Aufwände von etlichen hundert Gulden ist an der Schutzhütte wieder gebessert worden, was möglich war. Die Hütte war als Neubau 1880 hart an die Felswand angebaut und an der Bergseite auch nicht verschalt worden. Infolge dessen drang bei Schneeschmelze und heftigem Regen die Nässe durch die Fugen des Gebälkes in die Stube. Die S. Villach Hess nunmehr einen Gang hinter der Hütte aussprengen, die Hütte heben, neu unterstellen und Canalisiren. Im nächsten Jahre soll dann das Dach ausgebessert, beziehungsweise die Dachseite gegen die Felswand angefügt werden, wodurch das lästige Tropfwasser abgehalten werden kann. Die Einrichtungsstücke wurden bereits ergänzt."
1890
"Bei der Wischberghütte mussten im heurigen Jahre recht erhebliche Reperaturen vorgenommen werden, da das von den Felswänden abrinnende Wasser in die inneren Räume drang. Diesem Übelstande konnte nur dadurch abgeholfen werden, dass der an das Gebäude stoßende Fels abgesprengt wurde, wodurch es frei zu stehen kam."
22 Jahre trotzte die Wischberghütte unter der Traufwand Wasser, Schnee, Eis und Einbrechern, bis sie den Anforderungen nicht mehr entsprach - das ständig von der Traufwand tropfende Wasser machte die Hütte unbewohnbar – so erfolgte im Jahre 1902 der Neubau an anderer Stelle als Findenegghütte.
Was wurde aus der beliebten Findenegghütte?
Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1915
Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1915
Die Sektion Villach verlor zuerst ihre Seisera-Hütte am Fuße des Montasch, diese wurde schon 1915 von den eigenen
Truppen niedergebrannt, um dem Feinde einen Unterschlupf zu nehmen. Dann rissen ebenfalls eigene Truppen die Findenegg-Hütte am Wischberg ein, um
ihren Inhalt zum Bau der auf dem Gipfel dieses Berges errichteten Scotti-Hütte zu verwerten."
Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1919