Flitschl - Kaltwasser - Raibl
(Plezzut - Riofreddo - Cave del Predil)
Über Jahrhunderte berühmte Bergbauorte (ca. 1320 - 1991)
Reisebericht aus dem Jahre 1896:
Schon unterwegs von Tarvis bis Kaltwasser bietet sich dem Naturfreunde eine Fülle landschaftlicher
Reize. Majestätisch und erhaben präsentiert sich die Wischberggruppe mit dem Königsberge, welch' letzteren, der Sage nach, König Albain erstiegen haben
soll.
Vom kleinen Dörfchen Flitschl führt die Strasse längs der tosenden Schlitza, in derem Bette colossale rothe und grüne Porphyrblöcke liegen, bis zum Dörfchen Kaltwasser, mit einer k.k. Bleischmelze und dem Graf Henkel v. Donnersmark'schen Pochwerke.
Von der Kaltwasserbrücke, ob der sich der Kaltwasser- mit dem Seebache
vereinigt und den Namen "Schlitza" erhält, windet sich die gut erhaltene Strasse über den mit alten Buchen und Fichten bewachsenen Hügel bis zum Hotel „Zlatorog“ mit seinem seltenen und sehenswerthen Natur- und Steinparke, in dem der
berühmte Lyriker Rudolf Baumbach so oft und gerne geweilt hat.
"Auch der rühmlichst bekannte lyrische Dichter, Herr Hofrath Rudolf Baumbach, hielt sich, aus Corfu kommend, hier und in Tarvis über eine Woche auf. Die Wohnung nahm er im Hotel Gelbfuss (Hosch), von welchem aus er dreimal Raibl und das Hotel „Zlatorog" und einmal die Weissenfelser Seen, mit seinem Triester Freunde, Herrn Rothermann, besuchte.
Zwei alte Raibler beehrte der schon ziemlich grauhaarig gewordene, doch sonst lebensfrisch und, wie vor Jahren, heiter gebliebene Baumbach, mit seinem Besuche."
"Am Ostermontag wurde im „Zlatorog" eine Zusammenkunft verabredet. Da bereiteten dem Dichter seine Raibler Verehrer eine kleine Ueberraschung, die ihn sichtlich erfreute. Das wohlgetroffene Bildnis Baumbach´s wurde vis-à-vis dem Tische, an dem er Platz nahm, umkränzt mit Schneerosen (Heleborus niger) und den schön blauen Leberblümchen (Hepatica tribola) an der Wand des traulichen Zimmerchens im Hotel „Zlatorog", angebracht. Angenehm und heiter verflossen die Nachmittagsstunden in Gesellschaft des hochgefeierten Poeten. Erfreulich und bezeichnend ist es für unsere bergige und vielbesuchte Gegend, dass sich Herr Baumbach zum Schreiber dieser Zeilen wiederholt geäussert hat, er freue sich immer auf Tarvis, Raibl und unsere Hochgebirgsgegend und halte sich hier mit Vorliebe auf!"
Bericht aus dem Jahre 1893
Nach einer kurzen Strecke Weges hat man den berüchtigten Raibler „Gries" erreicht, eine Sand- und Geröllfläche von halbstündiger Länge, durch welche der zur Hochwasserzeit sehr gefährliche Seebach fliesst, und die Görzer Reichsstrasse ihren Weg nimmt, welche im Winter, von den vom interessant geformten Fünfspitz abrutschenden Lawinen zeitweise mehrere Meter hoch überdeckt ist. Die erzführenden Fuhrleute haben nicht selten an der Strasse zwischen dem Königsberge und dem Fünfspitz mit Lawinen und Schneeverwehungen zu kämpfen.
Hinter diesem Gries, den vor vielen Jahren saftiggrüne Wiesen überdeckten, liegt der circa 100 Nummern
zählende Berg- und Werksort Raibl, umschlossen von einem Kranze hoher Berge, deren Spitzen, kahle und steile Zacken, alljährlich vielfach das Ziel kühner Bergsteiger
sind.
Der allgemein angestaunte Fünfspitz, mit seinen fünf kegelförmigen nach oben zu ganz kahlen Zacken, in deren Schluchten, Klammen und Abhängen von den Jägern rudelweise Gemsen angetroffen werden.
Der erzreiche Königsberg, der Nährvater der Raibler und der Bewohner einiger Ortschaften des Küstenlandes und Oberkrains, weil in seinen Gruben die Männer und Jünglinge jener Orte Arbeit und Verdienst finden.
Gegenwärtig wird von der löbl. k. k. Bergverwaltung und von der Graf Henkel v. Donnersmark'schen Gewerkschaft mit circa 700 Knappen auf Blei, Galmei und Zinkblende mit recht erfreulichem Erfolge gearbeitet.
Falls einmal, was Gott verhüten möge, die Erze ausgehen sollten, so müsste die Bevölkerung auswandern, da von den wenigen Wiesen nur ein Paar Besitzer leben könnten.
Die heimische Bevölkerung ist deutsch; doch arbeiten auch viele slovenisehe Krainer und Küstenländer, Böhmen und Italiener im Bergwerke, welche im besten Einvernehmen untereinander leben. Raibl ist eine Expositur, hat eine zweiclassige, deutsche Volksschule, ein k. k. Post- und Telegraphenamt, einen k. k Gendarmerie- und Finanzwach-Posten und besitzt ausser den Touristen-Gasthöfen noch drei gute Wirthshäuser.
Der Bergort Raibl liegt so ganz im Herzen von vielbesuchten und aussichtsreichen Bergen und ist schon seit vielen Jahren ebensogut als die kleine Metropole des bergumschlossenen und romantischen Kanalthales, Tarvis, weit über die Grenzen unseres lieben Oesterreich hinaus bekannt. Raibl liegt 912 m über dem Meere, ist bei bequemem Gange in 1 1/2 Stunden von der Bahnstation Tarvis leicht zu erreichen und hat noch Jeden, der hieher kam, sowohl den Thalwanderer, den Hochtouristen, den Sommerfrischler, als auch den Botaniker und den Geologen hochbefriedigt.
Reisebericht aus dem Jahre 1896