Frühlingslichtblume
Zu Besuch bei einer der seltensten Blumen Österreichs
Frühlingslichtblume (Colchicum bulbocodium), Lichtmessblume oder Kärntner Lichtblume
110 Jahre nach ihrer Entdeckung
Jedes Jahr im Spätwinter vollzieht sich oberhalb der Julienhöhe, am Südhang der Gerlitze ein kleines Wunder. Unbemerkt von der Öffentlichkeit recken die ersten
Boten des Frühlings ihre lila-rosa Knospen und Blüten durch das verdorrte, braune Herbstlaub.
Der kleine Fleck unterhalb der schwer zugänglichen Niederdorfer Wand ist der einzige Standort der Frühlingslichtblume (Colchicum bulbocodium) in
Österreich.
Nicht nur in Österreich - es ist dies sogar der einzige Fundort in den gesamten Ostalpen!
Sobald der Schnee schmilzt, beginnt ihre sehr kurze Blütezeit.
"Es ist ein Genuss von seltener Art, an einem sonnigen Wintertage zur Wand empor zu klimmen, wenn Zitronen- und Fuchsfalter die lila Blüten des Bulbocodium besuchen, indes das Tal noch im Schnee liegt und der Ossiacher See mit Eis bedeckt ist."
Franz Pehr, Carinthia II, 1936
110 Jahre nach der Entdeckung der Kärntner Lichtblume wagen wir den Aufstieg!
27.02.2021 mit Mirko
Neben der Kärntner Wulfenie (Wulfenia carinthiaca) ist die Kärntner Frühlingslichtblume (Colchicum bulbocodium) die vom pflanzengeographischen Standpunkt interessanteste Pflanze Kärntens.
"Am 15. Februar 1911 brachte der Schüler des Villacher Gymnasiums H. Rabitsch diese bisher in den Ostalpen unbekannte Art seinem Professor R. Scharfetter, der hierüber 1911 eine Arbeit veröffentlichte, die das Wesentliche über diese Art, die Standortsverhältnisse und die Herkunft der Pflanze enthält.
Der Fundort befand sich an den felsigen, nach Süden exponierten Abhängen der Görlitzen in der Nähe der Station Annenheim am Ossiacher See, nördlich des Ausflugsortes Julienhöhe in 785-790 m Seehöhe."
Carinthia II, 1953
"Die Begehung dieses Steilwaldes ist nicht angenehm, da kein gebahnter Weg zu den Felsen führt und außerdem der mit Hasel- und Erlenlaub bedeckte Boden zur Zeit, wenn auf den Felsbändern das Bulbocodium blüht, gewöhnlich noch vereist ist, im Sommer aber die dort nicht seltenen Kreuzottern, vielleicht auch Sandvipern, Vorsicht heischen."
Franz Pehr, Carinthia II, 1936
Niederdorfer Wand
Der Fels der südexponierten, auf ca. 790 m Seehöhe gelegenen Niederdorfer Wand besteht aus Glimmerschiefer.
Flora Carinthiae Bulibocodium vernum
"Die Frühlingslichtblume findet sich nur in der unteren großen Wand und auch noch an ihrem Fuße, am reichlichsten und schönsten auf den unzugänglichen Gesimsen, wo sie unter günstigen Verhältnissen schon Ende Jänner blüht."
Carinthia II, 1936
Lichtblumen sind gesellige Blümchen und bevorzugen vom Schmelzwasser durchtränkte oder sandige Böden.
Die Frühlingslichtblume ist der einzige Vertreter der Herbstzeitlose, die im Frühling blüht.
In der Schweiz ist sie nur in wenigen Orten im Kanton Wallis an sehr sonnigen Hängen zu finden. Der kleine Schweizer Ort Eischoll hat sich in den letzten 20 Jahren als "Heimat der Lichtblume" etabliert. Weiters wächst diese seltene Blume in den Pyrenäen, Serbien, Moldawien, Südrussland, Südkaukasus und in wenigen Beckenlagen der südlichen Karpaten.
Achtung: Es führt kein gebahnter Weg von der Julienhöhe hinauf zur Niederdorfer Wand, dem Fundort der Kärntner Lichtblume. Man muss sich durch sehr steiles Gelände, durch Haselnusssträucher, Dornen und rutschiges Laub quasi "hinauf kämpfen".
Also nur für enthusiastische Botaniker, Fotografen und Naturliebhaber.
Keinesfalls eine Familienwanderung! Trittsicherheit erforderlich!
Ungefähr drei Monate später, Ende Mai blüht in ca. 20 km Entfernung eine weitere österreichweit einzigartige botanische Rarität, die Ilyrische Gladiole (Gladiolus illyricus).
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