35. Etappe des Alpe-Adria-Trails
Von Prosecco nach Lipica
Napoleon, kaiserliche- und königliche Lipizzanerpferde und der Erfinder der Schiffschraube
Vorvorletzte Etappe des insgesamt ca. 750 km langen Alpe Adria Trails, beginnend mit der historischen Napoleonstraße hoch über dem Meer mit traumhaften Ausblick auf die Hafenstadt Triest und seinen Golf.
Zweites Highlight dieser Etappe ist die Wanderung durch typische Karstlandschaft und die Besichtigung des weltberühmten, jahrhundertealten Pferdegestütes von Lipica (Lipizza).
Für mich die malerischte und schönste der letzten drei Etappen des Alpe-Adria-Trails!
25.10.2017 mit Mirko / ca. 20 km
Die 35. Etappe des Alpe Adria Trails beginnt im Dorf Prosecco (249 m), am Karstplateau oberhalb vom Schloß Miramare am Stadtrand von Triest, wo schon zu römischen Zeiten Wein angebaut wurde, und nach dem der berühmte, vor allem bei Frauen beliebte, italienische Schaumwein benannt ist.
Frohen Mutes suchen wir die ersten Wegweiser des Alpe-Adria-Trails, die uns durch Prosecco führen. Am Ortsende von Prosecco beginnt die historische Napoleonsstraße (Strada Napoleonica), heute ein ca. 4 km langer Wanderweg hoch über dem Meer mit traumhaften Ausblick über die Hafenstadt Triest und seinen Golf.
Man wandert auf der Napoleonsstraße vollkommen eben, parallel zur Küstenlinie auf ca. 300m Meereshöhe wie auf einem Balkon über dem Meer, erst durch spektakuläre Felsenszenerie, dann leicht ansteigend durch Karstlandschaft und Kiefernwald.
Auf seiner gesamten Länge bietet er einen überwältigenden Ausblick auf die lebhafte Stadt, den alten Hafen, Schloss Miramare und das Meer.
"Ich liebe die schöne Stadt, die lichte Triester Sonne, den Triester Himmel und das weite blaue Meer. Nirgends sonst könnte ich eine wirkliche Heimat finden.
Der Karst ist da, und die Julier stehen nahe."
Julius Kugy, (1858 - 1944) der große Erschließer der Julischen Alpen,
im Buch Arbeit, Musik, Berge, 1931
Der offizielle Name des Wanderweges der Napoleonstraße ist übrigens Strada Vicentina, sie ist als autofreies, sonniges und windgeschütztes Naherholungsgebiet sehr beliebt. Immer wieder begegnen wir Joggern (mehrheitlich Frauen), Spaziergängern, Wanderern und Kletterern.
Aussicht wie auf eine Modelleisenbahn: Überwältigender Blick auf Barcola, einem Vorort von Triest mit dem 68 Meter hohen Leuchtturm, dem Faro della Vittoria (Siegesleuchtturm) und dem Viadukt der ehemaligen, 1857 eröffneten, österreichischen Südbahn, die von Wien nach Triest führte.
Bei dem im Jahre 1830 anläßlich des Besuches des österreichischen Kaisers Franz I. errichteten Obelisken in Opicina (325 m), wo die historische Tramway (derzeit leider außer Betrieb) von Triest heraufkommt endet die Napoleonstraße.
Beim Obelisken bricht das Karstplateau steil hinunter nach Triest - hier war der „magische“ Punkt, wo die Reisenden früherer Jahrhunderte nach tage- und oft wochenlanger beschwerlicher Reise zum ersten mal das Meer sahen.
Direkt unterhalb des Obelisken beginnt die „Scala Santa“, die älteste Verbindung vom Karst hinunter nach Triest.
Der Alpe Adria Trail führt beim Obelisken vorbei, quert die Strada Nuova per Opcina, die danach Via Nazionale und weiter Strada per Vienna, also Wiener Straße heißt, zum gegenüberliegenden, seit Mitte der 1980er Jahre dem Verfall preisgegebenen, ehemals mondänen Grand Hotel Obelisco. Das ehemalige Hotel Obelisco ist einer der bekanntesten "Lost Places" im Alpe-Adria-Raum.
Das Grand Hotel Obelisque war Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts ein luxuriöser Ort, wo die reiche Triestiner Gesellschaft ihre Sommerfrische, weg von der Hitze und Schwüle der Stadt, im ruhigen und ländlichen Dorf Opcina, verbrachte.
Ein letzter Aufschwung erfolgte in den 1970er Jahren mit Partys, Pool und Tennisplätzen, ehe in den 80er Jahren der langsame, aber unaufhaltsame Niedergang erfolgte. Seit über 30 Jahren ist das Hotel Obelisk nun sich selbst überlassen.
Zwischen diesen beiden Bildern liegen ca. 120 Jahre:
Traumhafter Blick auf Triest und seinen Hafen
Nach dem Hotel Obelisk führt der Alpe Adria Trail weiter unterhalb des aussichtsreich gelegenen Campingplatzes Campeggio Obelisco auf schönen Wanderwegen durch den Karst mit Laub- und Kiefernwäldern und den typischen, kilometerlangen, endlosen Stein-Trockenmauern, die unser ständiger Begleiter sind.
Weiter führt der Trail nach Nordosten ins Landesinnere, bei Trebiciano queren wir die Autobahn.
Bei Basovizza führt der Josef-Ressel-Weg (Gozdna učna pot Josefa Ressla, Sentiero Josef Ressel) über die Grenze nach Slowenien nach Lipica (Lipizza).
Josef Ressel (1793 - 1857), der Erfinder der Schiffschraube war in diesem Gebiet als
kaiserlich-königlicher Marine-Forstintendant für die Aufforstung des durch die jahrhundertelangen Abholzungen für den Schiffbau und die Pfahlbauten für Venedig brach liegenden Karstes verantwortlich. Es gelang ihm mit der dort ursprünglich nicht heimischen österreichischen Schwarzkiefer (Pinius Nigra Austriaca), die man auch heute noch im Karst rund um Triest großflächig antrifft.
Etwas Nostalgie;-) Österreicher- und innen ab 40 werden sich noch gut an den guten alten 500-Schilling-Schein mit Josef Ressel auf der Vorderseite- und seinem in Triest gebauten, von einer "Resselschraube" angetriebenen Dampschiff "Civetta" auf der Rückseite erinnern können.
Der "Ressel-Fünfhunderter" war von 1965 bis 1987 im Umlauf und konnte bis 2007 in Euro umgetauscht werden.
Das war noch Geld!
Nach einigen Kilometern gelangen wir zu einer wahren "Oase im Karst", herrliche Parklandschaft, wunderbar gepflegte Weiden und Wiesen - dem seit dem Jahr 1580 bestehenden ehemaligen kaiserlichen österreichischen Hofgestüt von Lipica (Lipizza).
"Es ist eine schöne, große Waldinsel, in der die Zerr-Eiche vorherrscht, mitten im Karstland. Sie ist von Mauern umfriedet, war Domäne des berühmten kaiserlichen Hofgestütes. Damals war Lipiza der bevorzugte Ausflugsort der wanderlustigen Triester deutscher Kolonie."
Julius Kugy, (1858 - 1944) der große Erschließer der Julischen Alpen,
im Buch Arbeit, Musik, Berge, 1931
Wie sich die Bilder gleichen... - zwischen diesen beiden Aufnahmen liegen fast
130 Jahre..
Die Lipizzaner-Pferde aus Lipica waren im Laufe er Jahrhunderte immer wieder am Nabel der Weltgeschichte.
So soll dem französischen Kaiser Napoleon, als er 1797 als Sieger nach Triest kam, ein Lipizzanerhengst überreicht worden sein.
Er ritt auf dem edlen Tier durch Triest und soll später die Stadt auch auf diesem verlassen haben.
Längere Zeit wurde in Lipica Napoleons Lieblingshengst Vesir, ein Araberpferd als Zuchthengst verwendet.
Prinz Eugen (1663-1736), der berühmte österreichsche Feldherr reitet auf seinem Denkmal auf dem Wiener Heldenplatz auf einem Lipizzaner.
Als Kaiser Franz Josef im Jahr 1867 zum König von Ungarn gekrönt wurde, ritt er auf seinem Lipizzanerhengst Maestoso Cerbero.
Vor dem Attentat 1914 in Sarajevo verließ der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand mit seiner Gemahlin Schloß Miramar in Triest mit einem Lipizzanergespann.
In Lipica erwischten wir kurz vor 17 Uhr gerade noch die letzte Führung des Tages.
Da wir an diesem Tag die letzten zwei Gäste in Lipica waren, bekamen wir bei Sonnenuntergang sozusagen eine „Privatführung“.
Führer Boris, der seit über 30 Jahren in Lipica tätig ist, führte uns freundlich und fachkundig eine Stunde durch das Gestüt.
Der historische, im Jahre 1703 errichtete Wölbstall ("Velbanca") wird bis heute ausschließlich für die wertvollsten Zuchthengste verwendet.
Die Gitter wurden anläßlich des Besuches der englischen Königin Queen Elizabeth II. im Jahr 2008 schwarz pulverbeschichtet und die Zaunsäulen mit goldenen Verzierungen versehen.
Die ältesten und bekanntesten Lipizzaner Hengststämme tragen die klingenden Namen Neapolitano, Conversano, Favory, Maestoso und Siglavy.
Der edelste und wertvollste Zuchthengst im Gestüt Lipica:
Der 25 Jahre alte Favory Canissa XXII - er wurde 2008 der englischen Königin Queen Elizabeth II geschenkt - sie hat ihn zur lebenslangen Pflege dem Gestüt Lipica überlassen.
"Den Lipizzaner zeichnet Genügsamkeit, Ausdauer, Gelehrigkeit, Leistungsbereitschaft und ausgesprochene Gutmütigkeit aus."
Homepage der Zentralen Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Pferdezüchter
Der Lipizzaner, ein edles Tier:
Elegant, mittelgroß mit kraftvollem athletischem Körper voller Eleganz.
Ein Pferd mit eigener Schönheit und Würde und stets guten Charakter und teilweise feurigem, aber leicht zügelbarem Temperament.
Die über Jahrhunderte kultiviere Kulturpferderasse der Lippizaner ist eine Kreuzung aus alteingesessenem Karstpferd (Karster), arabischer, spanischer (Andalusier), italienischer (Neapolitaner) und dänischer Rassepferde.
Es ist kurz nach 18 Uhr - die Sonne geht unter, wir bedanken uns bei unserem freundlichen und fachkundigen Führer Boris und machen uns wegen der einbrechenden Dunkelheit schnellen Schrittes auf die Hauptstraße nach Lokev.
Schnell wird es finster, wir stellten uns schon auf einen „Nachtmarsch“ in die 5 km von Lipica entfernte Ortschaft Lokev ein. Als wir gerade am Straßenrand unsere Stirnlampen aus dem Rucksack kramen hält plötzlich ein Auto. „Gehen sie nach Lokev!?“ ruft eine nette Frau in perfektem Deutsch heraus. –„Ja“ – - „Steigen sie ein!!!“ - Wie sich herausstellt, ist es ist eine Angestellte des Gestüts Lipica. Sie bringt uns nach Lokev und organisiert für uns Abendessen und Übernachtung in einem der ältesten Wirtshäuser Sloweniens...
...dem seit 1679 bestehenden Gasthof - Trattoria - Gostilna - Domačija Muha, den seit kurzem der junge Andrej, ich glaube in 8. Generation übernommen hat.
Den alten Gasthof und die nebenan liegenden Unterkünfte hat er sich seines historischen Erbes bewußt, hochwertig und stilvoll renoviert. Ohne Schnickschnack - einfach ein einfaches, gemütliches,uraltes Wirtshaus wie man es sich vorstellt.
Traumhaft und bodenständig haben wir im Gasthof Muha gegessen. Ohne Speisekarte - Chef Andrej zählt einfach auf was seine Küche heute zu bieten hat.
"Wollen sie zu Anfang Karstschinken mit Käse und Oliven?" - "Ja" - nur her damit,
denke ich nach dem langen und erlebnisreichen Tag.
Immer wieder schaut der äußerst aufmerksame und zurückhaltende Wirt Andrej vorbei, ob alles in Ordnung ist.
"Wollen sie als Vorspeise Bandnudel mit Steinpilzen?" - "Ja, gerne!" - nur her damit denke ich...
Das Lokal füllt sich gegen 20 Uhr mit Gästen, die allesamt üppig Speisen. Wir erfahren, daß Italiener aus dem nur 10 Kilometer entfernten Triest gerne hierher zum Essen kommen.
Danach hat uns Andrej noch einige seiner Hauptspeisen aufgezählt...
Aber wir waren vom aromatischen Karstschinken und der großen Portion Bandnudel mehr als satt, glücklich und zufrieden...
...aber etwas Süßes (Dolce) geht immer...er servierte uns hausgemachten Apfelstrudel
(Jabolčni zavitek) wie früher bei Oma!
Die 35. Etappe des Alpe Adria Trails. Achtung: zwischen Trebiciano und Basovizza haben wir eine Abzweigung übersehen und sind auf der Bundesstraße dahingehatscht!
Aufgrund der Vielzahl an Wander- und Themenwegen rund um Triest und da die Beschreibungen auf der offiziellen Homepage nicht immer mit dem offiziellen Alpe-Adria-Tourenbuch übereinstimmen und die Beschilderung vor allem auf den letzten zwei Etappen oftmals ziemlich spärlich und manchmal verwirrend ist, empfiehlt es sich eine gute Wanderkarte des Gebietes rund um Triest mitzunehmen!
Tipp:
Das Alpe-Adria-Trail Tourenbuch und den dazugehörigen Folder gibt es kostenlos auf der offiziellen Homepage des Alpe-Adria-Trails zu bestellen!
http://alpe-adria-trail.com/de/
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